Im August vergangenen Jahres jährte sich der Mauerbau zum 60. Mal. Mit dem Mauerbau vom 13. August 1961 zementierte sich die Teilung einer ganzen Stadt, eines Landes und sogar Europas und der Welt. Für die Menschen bedeutete diese Teilung die Trennung von Familienangehörigen, tiefen Schmerz und ein Leben in Unfreiheit. 

Um sich mit dieser Zeit des geteilten Deutschlands näher auseinanderzusetzen, organisierte Herr Schütte mit der Jahrgangsstufe Q2 ein Zeitzeugengespräch mit Frau Heidrun Borsbach, die zwei Wochen vor dem Bau der Berliner Mauer 1961 aus der DDR nach Berlin-Marienfelde floh. Auch Frau Borsbach sehnte sich nach einem Leben in Freiheit und nahm die Risiken der Flucht auf sich, bevor sich der „Eiserne Vorhang“ zwischen Ost und West mit dem Mauerbau endgültig schloss. Am 30. März traf sich die Q2 somit zu dem Zeitzeugengespräch in der Aula des Max-Planck-Gymnasiums mit Frau Borsbach. 

In einem äußerst interessanten Gespräch schildert die Zeitzeugin von ihrem Leben und dem Leben ihrer Familie seit Beginn des Zweiten Weltkriegs. Geboren 1944 während der alliierten Luftangriffe auf Deutschland wuchs Frau Borsbach bei ihrer Mutter und den Großeltern im Kreis Nordhausen im Südharz auf. Eindrucksvoll beschreibt die Zeitzeugin die Nachkriegsjahre, die insbesondere von den Frauen und Müttern viel abverlangt hätten. Mit der Gründung beider deutschen Staaten 1949 wuchs Frau Borsbach fortan in der DDR auf und besuchte hier die Schule. Während der Schulzeit machte Frau Borsbach erste negative Erfahrungen mit dem System. Bei einem Schulwechsel auf die höhere Schule wurde ihr der Gang auf das Gymnasium verwehrt, da sie nicht aus einer Arbeiter- oder Bauernfamilie stammte, wie ihr und ihrer Familie mitgeteilt worden sei. 

1961 folgte dann eine einschneidende Veränderung für die Familie. Aufgrund der Einladung zu einer Familienfeier in Braunschweig beantragte die Familie eine Genehmigung verreisen zu dürfen bei den entsprechenden Behörden in der DDR. Während die Eltern und Geschwister eine Genehmigung erhielten, wurde diese Frau Borsbach verwehrt. Sie habe als Pfand gegolten, sodass die Familie zurückkomme, so die Zeitzeugin. Doch die Familie kehrte nicht zurück, floh und blieb spontan im Westen in der Bundesrepublik, während Frau Borsbach mit 17 Jahren in der DDR zurückbleiben musste. Doch auch die Zeitzeugin beschloss kurz darauf aus der DDR zu fliehen – über die einzig verbliebene offene Grenze: In Berlin. Eindrucksvoll beschreibt sie daraufhin ihre Flucht aus der DDR. Die Zugfahrt über Gotha nach Berlin habe sie gewählt, um nicht aufzufallen. Kurz vor Berlin habe der Zug inmitten von Feldern gehalten und alle Passagiere seien gründlich durchsucht und befragt worden. Die Flucht verlief unter hoher Anspannung und mit großen Risiken, letztlich gelang es Frau Borsbach jedoch zwei Wochen vor dem Bau der Mauer nach Berlin-Marienfelde zu gelangen und somit in die Bundesrepublik zu fliehen.

Gespannt verfolgten die Schüler_innen der Q2 die Schilderungen der Zeitzeugin, die von ihrem weiteren Leben in der Bundesrepublik berichtet. Sie galt nun als Flüchtling, kam zunächst in einem Flüchtlingslager unter und konnte später ihr Abitur nachholen und wurde Lehrerin in Bonn. 

Im Anschluss an den Vortrag bekamen die Schüler_innen ausreichend Gelegenheit für eigene Nachfragen, etwa zu ihrer Zeit bei den Pionieren, einer Einschätzung zu Erfolgen und Misserfolgen bei der Wiedervereinigung oder zu möglichen StaSi-Akten über Frau Borsbach.

So ergab sich ein äußerst informatives und interessantes Zeitzeugengespräch, in dem es Frau Borsbach gelang, die Ereignisse und die Geschichte im geteilten Deutschland anschaulich und erlebbar werden zu lassen, sodass man sich immer wieder fragte, wie man selbst damals gedacht, gefühlt und gehandelt hätte. Für die Zukunft gilt es diese Erfahrungen der Menschen im geteilten Deutschland aufzugreifen weiterzutragen. „Die Erinnerung an die Berliner Mauer darf nicht beim Rückblick stehenbleiben. Sie ist eine bleibende Herausforderung für uns – für heute und für morgen. Freiheit und Demokratie sind nie naturgegeben, nie ein für alle Mal erreicht. Freiheit und Demokratie müssen erkämpft, dann aber auch geschützt, verteidigt und erhalten werden.“ (Frank Walter Steinmeier am 13.8.2021)